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Dorfbücherei

Am 3. September 2004 wurde in der Hauptstraße 49 die von der Donauschwäbischen Selbstverwaltung Wetschesch gegründete Dorfbücherei feierlich eröffnet. Bei der Eröffnung hielt Herr Michael Frühwirth, Vorsitzender des Kulturvereins die Festrede, deren vollständiger Text unten zu lesen ist.

Fotos, die bei der Eröffnungsfeier gemacht wurden:
 


 

Die Dorfbücherei (Hauptstraße 49) ist jeden Donnerstag von 2 bis 4 Uhr am Nachmittag geöffnet, in dieser Zeit erwartet Frau Doró-Zemmel die Interessenten. Falls einer vorherigen telefonischen Absprache stehen wir unseren lieben Lesern auch zu anderen Zeitpunkten gerne zur Verfügung. Auskunft auf der Telefonnummer 06-30-668-7043.   

 

Festrede von Michael Frühwirth
(Eröffnungsfeier der Dorfbücherei am 3. September 2004)

Sehr geehrte Anwesende!

Wir erleben nun ein eigentümliches Moment im Leben von Vecsés. Über unsere mehr als 200 Jahre alte Siedlung, über die hier lebende Minderheit, im weiteren Sinne über die Ungarndeutschen können wir uns vielerorts und auf verschiedene Weise Kenntnisse erwerben. Die Donauschwäbische Selbstverwaltung kam zum Entschluss, dass sie aus den vereinzelt auffindbaren Materialien eine eigene Sammlung ins Leben ruft. Die Verwirklichung der Initiative hatte der Stadtrat sowohl finanziell als auch mit der Geste unterstützt, dass er diesen, mittlerweile frei gewordenen Raum der Donauschwäbischen Selbstverwaltung zur Verfügung stellte.
Letztere kümmerte sich aus Bewerbungsmitteln um die Einrichtung des Raumes und besorgte die Bücher. Die Notensammlung wird um den geordneten Nachlass von Josef Dobrovitz bereichert, der von der Gattin (geb. Maria Füleki/Frühwirth) gespendet wurde.
Es ist von besonderer Bedeutung, dass diese Sammlung im ältesten Gebäude des Dorfes, in der sog. Czifra Tscharda (Wirtshaus) beherbergt ist – laut des Zeugnisses einstiger Landkarten hieß dieser Hügel Taubenkogel. Von den Älteren wird er bis heute auch als Wirtshaus Pergel genannt. Dem Wirtshaus gegenüber standen die Kirche und die Schule. Diese Stelle war vor 200 Jahren das Zentrum von Vecsés. Geographisch gesehen ist das der höchste Punkt der Ortschaft, was vielleicht auch als ein eigenartiges Symbol gedeutet werden kann.

Als Quelle der Kenntnisse wurden über Jahrhunderte die Bücher herangezogen. Bis heute hat sich die Welt im Vielen verändert. Neben den Büchern nimmt die Zahl und somit auch die Bedeutung anderer Quellen als Datenträger zu. Im Falle der jüngeren Generation wetteifern Ton- und Bildträger mit den Büchern.
Für die Anwesenden ist es höchstwahrscheinlich bekannt, dass im Leben von Vecsés die deutschsprachige Literatur an die Peripherie gerückt wurde. Die deutsche Muttersprache wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem Unterricht der Elementarschulen verbannt. Bis Zeitschriften und Bücher zugänglich wurden, waren die deutschsprachigen Ausgaben verpönt. Die hier lebende Minderheit blieb in ihrer Muttersprache im Analphabetismus haften. Vereinzelte Haussegen, Gebetbücher und Grabinschriften zeugen noch von Resten einer deutschsprachigen Schriftlichkeit. Diese sind die letzten Sprachdenkmäler der einstigen Muttersprache.
Aus diesem Grunde ist das heutige Ereignis von enormer Bedeutung. An einer Stelle zu bewahren, was noch verblieb, und die neuen Ausgaben, die sich mit der deutschen Minderheit befassen, ebenfalls hier zu sammeln. Das Erbe zu dokumentieren, zu recherchieren, für alle Interessenten zugänglich zu machen. Die heranwachsende neue Generation, mehr als die Hälfte der Vecséser Schuljugend lernt die deutsche Sprache schon seit anderthalb Jahrzehnten als Nationalitätensprache mit erhöhter Stundenzahl. Diese Sammlung ist berufen, einerseits die Schüler/innen und andererseits die sie unterrichtenden Grundschul- und Gymnasiallehrer als Zielgruppe anzusprechen. Die Dorfbücherei kann dazu beitragen, der Leserschaft die Geschichte der Nationalität und die mit der deutschen Sprache verbundene Kultur näher kommen zu lassen.